Anlasserreparatur - Meine Erfahrung

[Kampfkuchen]

Sooo... Nach einer grauenhaften Woche ohne Twingo.... Nun die Erloesung nach Reperatur des Anlassers.
Es ist ja ein bekanntes Problem, dass der Anlasser irgendwann aufgibt, oft wird dann ein neuer oder ein gebrauchter gekauft, eingebaut und gut ist... Da ich immer wieder lese - Anlasser will nicht mehr? Dann muss ein neuer her! - ich es aber nicht mit mir vereinbaren kann Geraete ohne Kontrolle wegzuschmeißen und auszutauschen, hab ich ihn einfach mal ausgebaut und nachgeschaut... Man will ja auch Erfahrungen sammeln. Gleich soll diese Dokumentation ueber den Verlauf meiner Anlasserreperatur andere etwas anspornen, sich vielleicht mal daran zu versuchen, wenn beim naechsten Mal wieder der Anlasser streikt.
Also, vorweg: Dies ist mein erster Anlasser eines Autos, den ich je vor mir hatte. Ansonsten hatte ich nur mal einen Rolleranlasser zur Hand, ist zwar das gleiche Prinzip aber ein riesiger Unterschied.

Mein erstes Problem kam ja schon auf, als ich den Anlasser ausbauen wollte... Ich habe partout nicht die Schrauben loesen koennen... Bis mir dann mal auffiel, dass es Stahlbolzen in einem Alugussgehaeuse sind... Da sich Alu bei Waerme frueher ausdehnt, als Stahl und dementsprechend frueher zusammen zieht bei Kaelte... Ist es bei -7°C nicht verwunderlich gewesen... Also mit 'nem gutem Kumpel angeschoben und einige Runden gedreht ... Siehe da! Sie lassen sich sofort loesen. Erstes Problem gebannt, naechstes erkannt...
Nach dem das Ding dann endlich draußen war und auf meinem Tisch lag... Schonmal auf die bevorstehende Reise gefreut:




So... Sieht jetzt erstmal aus, wie ein normaler Anlasser, wobei mir dieser Anblick etwas zu denken gab...



Es war nur eine klebrige ekelhaft zusammenhaengende Masse von schwarzem weichen Kunststoff... Schuetzt bestimmt noch vor einem Gehaeusekontakt des Pluspols....
Deckel ab und schon weiß ich, was Ambach ist...







Die Anodenkohlebuerste sieht ja ... Noch sehr gut ... aus... Dass es daran lag, dass der Anlasser immer schwerer kam, ist kaum anders vorstellbar. Also schonmal neue Kohlen bestellt... 4stk kamen 6,90€, ein sehr angenehmer Preis gegenueber den 134€ fuer einen neuen Anlasser. Aber mein Gewissen ruht natuerlich noch nicht... Da ich Hardcoreverbesserer bin, mach ich weiter





Aber wollen wir mal sehen, was sich in den Details so verbirgt... Das sah ja alles noch echt in Ordnung aus











Und dann ging es los... Die verschlissenen und zugesetzten Teile kommen hervor...




So.. Das Kopfgleitlager ist auf jedenfall hinueber... Aber das macht ja nichts. Ich schaetze mal auch, dass es auf dauer der Grund war, warum sich die eine Kohle so dermaßen abschliff und die anderen nicht.
Also als erstes, da ich ja noch auf die Kohlen warten musste, mal auf Arbeit den Rotor auf die Drehbank gespannt und den Kollektor freigedreht... Ansich hat es Anfangs auch die Drahtbuerste getan, aber ich sag ja... Hardcoreverbesserer.




Sieht doch gleich viel besser aus... Und weil wir schon dabei sind, drehen wir gleich mal eine neue Lagerbuchse... Oder was meint ihr? Man sollte aber bedenken, dass man beim Abdrehen des Kollektors den Querschnitt verringert, darum unbedingt nur ein Minimum abtragen.




Aber wie die alte rausbekommen... Tja. Dummerweise hatte ich die Idee, die Fluch und Segen zugleich war, mit der Fraese das Loch auf 14mm aufzufraesen, allerdings gab es da zwei Faktoren, die stoerten... 1. Wusste ich nicht, dass schon eine Lagerbuchse drin war, die ich vrmtl haette rauspopeln koennen und 2. einfach aufbohren geht aufgrund des sehr wenig runden Loches nicht mehr...
Daher kam mir die Idee, da unter der Buchse eine Lochscheibe sitzt, diese mit einem Stab anzu"visieren" und damit die Fraese auszurichten, das ganze dann auf 14mm aufzufraesen. Haette sicher auch gut geklappt... Allerdings passieren dumme Dinge, wenn man nicht ganz bei der Sache ist, waehlt die falsche Achse an und sticht dann mal eben mit der Spitze durch das Alugehaeuse... Ergebnis habe ich absichtlich nicht Fotografiert. Allerdings konnte ich dann die, bis dato mir unbekannte Buchse ausschlagen... Sieht doch noch zentriert aus...


Nachdem ich mir dann Pattex Zweikomponentenkleber gekauft hatte und diese Aktion zu vertuschen versuchte, sah es anschließend so aus




Neue Buchse rein... Alles brav fetten/oelen, nicht zu stark... auch nicht zu wenig und anschließend weiter auf die Kohlen warten, die mittlerweile bei meinen Nachbarn liegen, welche ausgerechnet dann den ganzen Tag weg sind, wenn ich mein Paket haben moechte








Nachdem dann auch die Kohlen bei mir sind, werden auch diese verbaut...




Und nun... So sieht das ganze nun aus:






Und ... Was hat das ganze gebracht?
Wollen wir mal testen!



Mein Fazit:
Fuer 6,90€ ein durchaus tragbares Risiko um 140€ zu sparen, selbst wenn man nicht die Lagerbuchse tauscht oder den Kollektor freidreht, sollte es eine ganze Weile halten, man sollte sich allerdings versichern, dass andere große Teile nicht doch defekt sind... Reinigung, Neufettung, Buerstentausch und man sollte erstmal wieder Ruhe haben. Ich empfehle es jedem, der nicht gerade zwei linke Haende hat, einfach mal zu testen. Ansich ist es etwas fummelei, aber durchaus machbar. Ich tausche ja auch nicht gleich mein Auto aus, wenn die Raeder runter sind

Ich hoffe es war interessant fuer euch und dass ich den ein oder anderen dazu bewegen konnte, einfach mal solche Teile versuchen zu reparieren, statt sie stumpfsinnig auszutauschen

Schoenes Wochenende!

[Broadcasttechniker]

Das hast du schön gemacht und dokumentiert.
Es zeigt dreierlei
1. Reparatur ist möglich
2. Es liegt meistens primär an den Kohlen
3. Es sind doch auch andere Sachen mit verschlissen.
Neben den Lagerbuchsen gibt der Freilauf gerne mal auf, auch der Feldmagnet kann zerbröseln.


fremdgespeicherte Quell-Grafiken. Wenn mann die nicht mehr sieht weiß man dass sich meine Mühe die Auszutauschen gelohnt hat.
Die Auflösung ist allerdings erheblich höher.
Die von rapiderich waren schon verloren, aber ich hatte sie schon vorher wohlweislich abgespeichert.

[Kampfkuchen]

Das hast du schön gemacht und dokumentiert.
Es zeigt dreierlei
1. Reparatur ist möglich
2. Es liegt meistens primär an den Kohlen
3. Es sind doch auch andere Sachen mit verschlissen.
Neben den Lagerbuchsen gibt der Freilauf gerne mal auf, auch der Feldmagnet kann zerbröseln.

Danke

Zum Glueck war es bei mir nicht 3.
Es kann aber auch der Magnetschalter kaputtgehen, auch da hat man wieder zwei Moeglichkeiten... Entweder die Magnetspule hat einen Schaden oder, wenn er nicht mehr durchschaltet, sind die Kontaktflaechen korridiert. Aber auch hier schaffen 23€ Abhilfe, so viel kostet naemlich der Magnetschalter allein. Und schwer zu demontieren/montieren war dieser auch wirklich nicht.

[twingoflo]

mein anlasser hat sich komplett verabschidet ;-( macht kein mucks mehr... ein neuer hat mich aber nur 52€ gekostet. is der motorabhängig billiger oder teurer???

Gruß Flo

[Broadcasttechniker]

@Kampfkuchen
Der Magnetschalter geht nie kaputt, von einer von außen sichtbaren schlechten Lötstelle mal abgesehen.
Wenn die Kohlen absolut an Ende sind zieht der auch nicht mehr ein.
Was sollte denn am Magnetschalter kaputt gegen?

@twingoflo
Zumindest die D- Motore haben imho den gleichen Anlasser und es gibt eben schon sehr günstige.

[Harald_K]

Schöne Anleitung ....


wegen der einen Bürste, die mehr runter war wie die andren - seh ich das richtig, daß da nur 3 Bürsten drin waren??

dann ist wohl einfach die "Plusbürste" wegen doppelter Belastung mehr abgebrannt als die Minusbürsten ....

[Kampfkuchen]

@Broadcasttechniker
Die Kontaktflaechen des Magnetschalters koennen oxidieren oder einfach vom Funkenflug schlechten Kontakt haben. Wie es beim Twingo ist, weiß ich nicht, habe aber schon vom ein oder andern kaputtem Magnetschalter gehoert. Wchlug r ja auch nur eine Moeglichkeit, die ich nennen wollte

@twingoflo
Fuer 52€ war es vrmtl ein billigteil, hatte ich auch im Blick, als ich aber immer wieder negatives gelesen hab... Entweder sie sind direkt defekt oder gehen schnell Kolektorkaputt.Darum entschied ich mich letzendlich dagegen.
Das war bei meinem Anlasser uebrigens auch der Fall. Zum Schluss klackte nur noch der Magnetschalter, spaeter gar nicht mehr.

@Harald_K
Die Anodenbuerste ist meiner Meinung nach runter, weil das Lager ausschlug und der Rotor nicht mehr rund lief. Der Kollektor wurde die ganze Zeit gegen die Buerste gedrueckt. Und jab, es sind drei Buersten, eine haengt zusaetzlich an eine der außenspuken und am Gehaeuse fuer Masse und die andere an der anderen Spule. Komischerweise kam das Buerstenset fuer diesen Anlasser direkt mit vier Buersten.

[twingoflo]

wie wird der eigentlich ausgebaut? muss ich dafür vorher die batterie abklemmen oder so? hasste von dem ein oder ausbau noch fotos woran man sehen kann, wo die schrauben versteckt sind?

Gruß
Flo

[Kampfkuchen]

Leider nicht, nein. Ich hab mir das gespart, da es davon zuhauf Anleitungen gibt.
Bitte unbedingt vorher die Batterie abklemmen, es reicht der Pluspol. Das Problem ist, dass die Leitung zum Anlasser ungeschuetzt ist, wenn sie gegen Masse faellt, wovon ja nicht wenig vorhanden ist, gibt es einen reinen Kurzschluss. Im worst case schweißt sich der Kontakt an die Masse und die Party geht richtig los...
Bei meinem D7F war es so...
Angenommen, du stehst vor deinem Auto (alles andere wird schwer) und schaust in den Motorraum. Wenn du den Anlasser lokalisiert hast (nicht schwer zu finden, wenn man weiß, wie er aussieht - haengt zwischen Kuehler und Motorblock) suchst du die beiden Bolzen. Ich bin nicht gut im beschreiben von 3D Ortsangaben, aber ich versuche es mal...
Die erste Schraube befindet sich, von oben gesehen, auf der linken Seite des Anlassers. Wenn du den Anlasser von links betrachtest, waere die Schraube etwa auf 4 bzw 5 Uhr. Die zweite Schraube, das wusste ich zuerst nicht, kommt von rechts geschraubt... Sie sitzt neben einer anderen ueber dem Getriebekasten. Muss man sich rantasten... Ich habe sie etwas geloest und geschaut, ob der Anlasser wackelt, bei mir war es die etwas tieferliegende Schraube.
Ich empfehle dir aber auch mal bei Youtube "Twingo anlasser tauschen" zu suchen, wenig Anleitungen sind das wirklich nicht

[twingoflo]

na das hilft mir doch schon ordentlich weiter. Vielen dank für deine bemühungen

[Broadcasttechniker]

Hier mal freigelegt http://www.twingotuningforum.de/thread-2...pid8621797
Nochmal Arthur http://www.twingotuningforum.de/thread-2...pid8606401

[rapiderich]

magnetschalter kann sehr schön kaputtgehen...
das sind die kontakte aus einem nippon denso, hondas accord.


diese hab ich aus kupfer (hutprofil aus einem schaltschrank) nachgefertigt.


diese reparatur hält jetzt schon 100.000km.
der anlasser kostet bei honda sportliche 700 oiro, im tausch immer noch 350.

aktuell liegt auf meiner werkbank die reservelima meines polo.
schleifring, lager und kleinteile bei autokohlen.de knapp 20 oiro.
nach der rep. ist sie dann so gut wie neu.

ich finde das außerordentlich lobenswert, solche sachen erstmal zu untersuchen, und ggf. zu reparieren.
nicht nur zum sparen, sondern auch wegen der ressourcenschonung.

weiter so!

gruß, stefan

[Kampfkuchen]

Werde immer wieder schief angeschaut, wenn ich begruende, dass man ja auch mal etwas die Ressourcen schonen kann und nicht alles als Wegwerfartikel sehen muss... Aber die Gesellschaft sieht eben nur den Anschaffungspreis als Problem an, nicht die Herkunft oder aehnliches.

Meiner Lima muss ich wohl auch mal an den Kragen.
Meine Batterieleuchte zwar nicht an, aber die Batterie scheint nur hin und wieder richtig zu laden... Habe immernoch hier und da das Problem, dass der Motor sich direkt nach abschalten nicht starten laesst, weil zu wenig Saft da ist... Und dann ploetzlich nach 5 Minuten Fahrt doch wieder... Vermute hier entweder den Regler oder die Kohlen, gleiches Prinzip... Dass einfach zu wenig Saft bei der Batterie ankommt.

[9eor9]

Was sollte denn am Magnetschalter kaputt gegen?

Twingomagnetschalter ich nix wissen, habe ich noch nicht zerlegt.
Boschmagnetschalter von BMW und VW oder von Motorrädern hatte ich schon einige kaputte. Meistens sind sie nur verklebt, was man beheben kann. Schmieren mit Motoröl oder, weil zu dünn, mit einer Spezialmischung aus Berner HLS (Synthetischer klarer Hochleistungsschmierstoff , ist in Benzin gelöst, was Nobles) und MoS2 Fett oder MoS2 Getriebeöladditiv (Hochkonzentriertes MoS2) von Liqui Moly. Hält lange!
Weiter, schon unangenehmer, geht es mit verbrannten Kontakten oder wegkorrodierten Zuleitungen.
Da sieht es schlecht aus, wenn man die nirgends bekommt (evtl Cargo?).
Und dann gibt es noch den Standardschaden der eingelaufenen bzw durch Vibration beschädigten Schaltwelle. Man kann zwar etwas feilen oder drüberschmirgeln, aber wenn die Beschädigung zu stark ist, ist, kann er hängenbleiben. Ab in die Tonne..!

[Broadcasttechniker]

Nicht dass ihr mich in die falsche Ecke steckt.
Ich habe ja in den Tipps mal einen Vorschlag zur Reparatur der Magneti Marelli Lichtmaschine gemacht
und früher selber Anlasser repariert.
Ein "normaler" Bastler macht sich mit so einer Reparatur unglücklich.
Die Buchse z.B. muss um nur halbwegs haltbar zu sein aus Sinterbronze sein. Woher nimmt man sowas?
Klar, kann man kaufen http://www.ebay.de/dsc/i.html?LH_TitleDe...ze&_sop=15
Nächstes Problem: Wie schließt man die Kohle elektrisch an?
Habe ich früher des öfteren gemacht. Die Pluskohlen waren meist direkt mit der Feldwicklung verschweißt.
Löten ist extrem schwer wegen des Hitzebedarfs und weil das Zinn in die Litze fließen will. Die wird dann bretthart und ist hin.
Dagegen hilft bedingt Fett einmassieren.

Zum Magnetschalterkontakt
Ich kenne die Schalter nur mit Kupferbügel oder Kupferplatte am beweglichen Anker und massivsten Kontakten, nämlich die beiden außen sichtbaren Bolzen.
@Rapiderich
Was sehe ich da in deinen Bildern? Das ist der Witz wenn die Teile so dünn sind wie Verteilschienen die du als Ersatz genommen hast. Die Idee selbst finde ich wieder richtig gut.

Noch was
Ich habe den Trabbi und den Twingo immer im manuellen Start Stop Betrieb gehabt. Mir ist da kein Anlasse kaputt gegangen obwohl der gut und gerne bis zu 50x am Tag betätigt wurde.
Die Buchse ist mir allerdings beim 2CV mal ausgelaufen.